Projektmanagement-ABC: I wie Ishikawa-Diagramm
Ursachen erkennen, Probleme lösen

Effektives Projektmanagement bedeutet nicht nur, Projekte zu planen und umzusetzen, sondern auch, Probleme und Störungen systematisch zu analysieren und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Eine bewährte Methode zur Ursachenanalyse ist das Ishikawa-Diagramm, auch bekannt als Fischgrätendiagramm oder Ursache-Wirkungs-Diagramm. In diesem Beitrag stellen wir das Werkzeug ausführlich vor, zeigen Anwendungsbereiche im Projektmanagement und geben eine praktische Anleitung zur Nutzung.
Was ist ein Ishikawa-Diagramm?
Das Ishikawa-Diagramm wurde in den 1960er-Jahren von dem japanischen Qualitätsmanagement-Experten Kaoru Ishikawa entwickelt. Ziel war es, eine Methode zur Verfügung zu stellen, mit der sich die Ursachen für ein konkretes Problem strukturiert analysieren lassen. Die Darstellung erfolgt in Form eines Fischgrätendiagramms: Das Problem (die Wirkung) steht rechts, von dort aus verzweigen sich die Hauptursachenkategorien als Linien – die sogenannten „Gräten“ – nach links. Davon gab es zunächst vier Kategorien, die jedoch nach und nach auf sechs und dann 8 Kategorien erweitert wurden, da die Geschäftswelt komplexer wurde und mehr Faktoren berücksichtigt werden mussten. Jede dieser Hauptkategorien wird weiter untergliedert, um mögliche Einzelursachen zu erfassen. Das Ergebnis ist eine übersichtliche, grafische Darstellung komplexer Zusammenhänge, die sowohl analytisches Denken als auch kreative Lösungsansätze fördert.
Aufbau und Elemente des Ishikawa-Diagramms
Rechts steht die Wirkung, also das zu analysierende Problem. Von dort aus verlaufen meist sechs Hauptäste, die typischerweise folgende Kategorien darstellen:
- Mensch (Personal): In diese Kategorie fallen Fehler, die durch menschliches Verhalten, unzureichendes Wissen, Kommunikation, Konflikte oder Motivation verursacht wurden
- Maschine (Technologie): Technische Defekte, veraltete Systeme oder beispielsweise fehlende Wartung fallen in diesen Bereich.
- Material: Hierbei handelt es ich um die Qualität der eingesetzten Materialien, Verfügbarkeit oder Spezifikationen der Roh- und Hilfsstoffe.
- Methode (Prozesse): Arbeitsabläufe, Standards, Vorgehensweisen oder beispielsweise die Projektmanagement-Methode fallen in diesen Bereich.
- Milieu (Umwelt): Alle Umgebungsbedingungen, die physikalische oder organisatorische Umgebung, die ausserhalb des Unternehmens auftreten, aber dennoch einen Einfluss auf den Prozess haben, fallen in diese Kategorie. Das können beispielsweise Umwelteinflüsse sein wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit, aber auch Wettbewerber, gesetzliche Vorgaben und die Branchenentwicklung.
- Management: Führungskräfte haben ebenfalls oft einen massgeblichen Einfluss auf Probleme. Managementfehler, unzureichende Planung oder mangelhafte Kommunikation der Führungskräfte fallen daher in diese Kategorie
- Messung (Daten): Hierbei handelt es sich beispielsweise um fehlerhafte oder fehlende Messdaten oder falsche Interpretationen.
- Money (Geld): Kostendruck, Budgetkürzungen oder falsche Investitionsentscheidungen haben oft ebenfalls einen grossen Einfluss und sollten daher bedacht werden.
Diese Kategorien dienen als Rahmen für ein strukturiertes Brainstorming. Je nach Branche und Problemstellung können sie angepasst oder erweitert werden.

Anwendungsgebiete im Projektmanagement
Das Ishikawa-Diagramm findet im Projektmanagement vielseitige Anwendung, vor allem in folgenden Bereichen:
- Qualitätsmanagement: Analyse von Abweichungen bei Produkt- oder Prozessqualität
- Risikomanagement: Identifikation potenzieller Fehlerquellen im Vorfeld
- Fehleranalyse: Untersuchung von Störungen oder Problemen im Projektablauf
- Lessons Learned: Strukturierte Aufarbeitung nach Projektabschluss
- Teamkommunikation: Fördert den Austausch verschiedener Sichtweisen und das gemeinsame Verständnis
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Erstellung
1. Problem definieren:
Das zu untersuchende Problem muss klar und eindeutig formuliert werden. Es sollte sich um ein konkretes, beobachtbares Phänomen handeln (z. B. „Projektverzögerung um 4 Wochen“). Zeichnen Sie nun eine Vorlage für das Diagramm und notieren Sie das Problem auf der rechten Seite als Kopf des Fisches.
2. Ursachen sammeln (Brainstorming):
Im Team werden anschliessend mögliche Ursachen zu jeder Hauptkategorie gesammelt und an den entsprechenden Ästen notiert. Hier ist Kreativität gefragt, aber auch Faktenwissen. Es geht noch nicht darum, nur qualitativ hochwertige Ursachen zu sammeln, sondern das Problem aus verschiedensten Blickwinkeln zu betrachten, um auch weniger sichtbare Ursachen zu identifizieren.
3. Ursachen analysieren:
Im Anschluss wird jede Ursache hinterfragt: Wie plausibel ist sie? Gibt es Beweise oder Indizien? Die Ursachen werden nach Relevanz, Häufigkeit oder Einfluss auf das Problem bewertet, z. B. mit Hilfe einer ABC-Analyse. Wählen Sie auf diese Weise die wahrscheinlichsten Ursachen, bzw. die Ursachen mit der grössten Wirkung aus.
4. Massnahmen ableiten:
Eine solche Ursachenanalyse ist nur sinnvoll, wenn aus dem Ergebnis anschliessend Massnahmen abgeleitet werden. Definieren Sie also nun konkrete Handlungsansätze zur Problembehebung oder Vorbeugung.
Vorteile und Grenzen des Ishikawa-Diagramms
Vorteile:
- Systematische Analyse: Ermöglicht eine strukturierte Untersuchung komplexer Probleme.
- Teamorientiert: Fördert kollaboratives Arbeiten und verschiedene Blickwinkel.
- Visuell eingängig: Die grafische Darstellung erleichtert das Verständnis.
- Flexibel: Kann in verschiedensten Kontexten und Branchen eingesetzt werden.
Grenzen:
- Keine Gewichtung der Ursachen: Das Diagramm zeigt nur Möglichkeiten auf, keine Wahrscheinlichkeiten.
- Erfordert Moderation: Ohne klare Struktur kann das Brainstorming unkoordiniert verlaufen.
- Nicht für einfache Probleme geeignet: Bei klaren, offensichtlichen Ursachen ist der Aufwand unverhältnismässig hoch.
Praxisbeispiel: Projektverzögerung analysieren
Ein Projektteam steht vor der Herausforderung, dass sich ein IT-Projekt erheblich verzögert hat. Die Projektleitung entscheidet sich für den Einsatz eines Ishikawa-Diagramms. In einem Workshop werden die folgenden Erkenntnisse gewonnen:
- Mensch: Unzureichende Ressourcenplanung, Überlastung einzelner Teammitglieder
- Methode: Fehlende agile Prozesse, keine klaren Sprint-Ziele
- Maschine: Veraltete Entwicklungsumgebung, lange Ladezeiten
- Milieu: Hoher Kommunikationsaufwand durch Remote-Arbeit
- Material: Falsche Anforderungen aufgrund unklarer Kundenspezifikationen
- Management: Unklare Rollenverteilung, mangelnde Führung bei der Zielpriorisierung
- Messung: Unzureichendes Monitoring, keine rechtzeitige Erkennung von Verzögerungen
- Money: Budgetgrenzen behindern wichtige technische Upgrades und externe Unterstützung
Nach der Analyse werden gezielte Massnahmen abgeleitet, darunter die Anpassung der Teamstruktur, die Einführung passender agiler Methoden und die Verbesserung der technischen Infrastruktur.
Tipps für den effektiven Einsatz
- Interdisziplinäre Teams: Beziehen Sei verschiedene Fachbereiche ein, um blinde Flecken zu vermeiden.
- Moderation: Ein erfahrener Moderator sorgt für Struktur und Ergebnisorientierung.
- 5-Why-Methode kombinieren: Um die Ursachen tiefer zu hinterfragen und nicht an der Oberfläche zu bleiben, kann die 5-Why-Methode genutzt werden.
- Regelmässige Aktualisierung: Das Diagramm ist ein lebendiges Dokument und sollte bei neuen Erkenntnissen angepasst werden.
Fazit
Das Ishikawa-Diagramm ist ein bewährtes Instrument im Werkzeugkasten des Projektmanagements. Es unterstützt Teams dabei, Probleme systematisch zu analysieren, Ursachen sichtbar zu machen und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Besonders bei komplexen Herausforderungen, bei denen viele Einflussfaktoren eine Rolle spielen, ist das Fischgrätendiagramm eine wertvolle Hilfe für mehr Transparenz und Effizienz im Projektverlauf. Mit einem klar definierten Problem, einem strukturierten Vorgehen und einer offenen Teamkultur entfaltet das Ishikawa-Diagramm sein volles Potenzial.
Ergänzend bietet die Projektmanagementsoftware myPARM ProjectManagement die ideale Unterstützung, um die im Ishikawa-Diagramm identifizierten Ursachen systematisch nachzuverfolgen und daraus resultierende Massnahmen direkt in Aufgaben, Workflows und Verantwortlichkeiten zu überführen. Dank integrierter Analyse-, Reporting- und Kommunikationsfunktionen lassen sich Probleme nicht nur effizienter lösen, sondern auch zukünftig vermeiden. So wird die Ursachenanalyse nahtlos ein Teil des ganzheitlichen Projektmanagements.
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