Projektmanagement-ABC – P wie PM²
Die Wahl der richtigen Projektmanagement-Methodik kann den Erfolg eines Projektes massgeblich beeinflussen. Daher sollten Projektmanager unterschiedliche Ansätze kennen und verstehen, wie und wann sie sinnvoll eingesetzt werden können. Eine Methode, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, ist PM² (Project Management Squared). Entwickelt von der Europäischen Kommission, wurde PM² geschaffen, um einen gemeinsamen Ansatz für Projektmanagement in verschiedenen Organisationen und Sektoren zu bieten.
Was ist PM²?
PM² wurde nicht als isolierte Methode entwickelt, sondern als Reaktion auf die spezifischen Anforderungen und Herausforderungen der Europäischen Kommission. In den frühen 2000er Jahren erkannte die Kommission die Notwendigkeit, einen einheitlichen Rahmen für das Projektmanagement zu schaffen, um die Effizienz und Wirksamkeit ihrer Projekte zu steigern. Dabei sollten bewährte Praktiken aus verschiedenen Quellen integriert werden.
Die Entwicklung von PM² begann daher als interner Prozess, bei dem Fachleute aus verschiedenen Abteilungen und Projekten der Europäischen Kommission ihre Erfahrungen und Erkenntnisse einbrachten. Das Ziel war es, eine Methode zu schaffen, die flexibel genug ist, um in verschiedenen Kontexten angewendet zu werden, aber gleichzeitig klare Strukturen und Richtlinien bietet, um den Projekterfolg sicherzustellen. Ein wesentliches Merkmal von PM² ist daher die Anpassungsfähigkeit an die Kultur und Struktur verschiedener Organisationen. So ist die Methode nicht nur für die öffentliche Verwaltung gedacht, sondern kann auch in privaten Unternehmen und Non-Profit-Organisationen erfolgreich angewendet werden. Dieser integrative Ansatz trägt dazu bei, die Zusammenarbeit in Projekten zu fördern und den Austausch bewährter Praktiken zu erleichtern.
Grundprinzipien und -werte von PM²
PM² zeichnet sich durch einige klare Grundprinzipien und -werte aus, die als Fundament für erfolgreiches Projektmanagement dienen. Diese Prinzipien wurden entwickelt, um Flexibilität, Transparenz und Effizienz in Projekten zu fördern.
- Ganzheitlicher Ansatz: Bei PM² werden Projekte holistisch betrachtet und es werden die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Projektaspekten anerkannt. Dies fördert eine umfassende Sichtweise, die alle Dimensionen eines Projektes einschliesst, von der Planung bis zur Umsetzung.
- Anpassungsfähigkeit und Flexibilität: PM² ist keine starre Methode, sondern stellt die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Projektkontexte in den Fokus. Dadurch ermöglicht die Methode Projektleitenden, sie an die spezifischen Anforderungen ihres Projektes und ihrer Organisation anzupassen, ohne die Grundprinzipien zu vernachlässigen.
- Resultatorientierung: Der Fokus von PM² liegt auf den Ergebnissen. Durch klare Zielsetzungen und Leistungskriterien hilft die Methode sicherzustellen, dass Projekte die gewünschten Ergebnisse liefern und die Erwartungen der Stakeholder erfüllen.
- Transparenz und Kommunikation: Zudem wird bei PM² ein grosser Wert auf Transparenz in allen Phasen des Projektes gelegt. Eine offene Kommunikation zwischen allen Stakeholdern wird gefördert. So wird sichergestellt, dass Informationen effektiv geteilt werden und alle Beteiligten auf dem gleichen Stand sind.
- Verantwortung und Rechenschaftspflicht: Klar definierte Rollen und Verantwortlichkeiten sind ein zentrales Prinzip von PM². So verstehen die Teammitglieder genau, für welche Bereiche sie verantwortlich sind und eine effektive Zusammenarbeit wird gefördert.
- Kontinuierliche Verbesserung: Des Weiteren fördert PM² die kontinuierliche Verbesserung. Durch regelmässige Evaluierungen und Anpassungen von Prozessen werden Erfahrungen aus vergangenen Projekten genutzt, um die Effizienz und Wirksamkeit zukünftiger Projekte zu steigern.
- Risikomanagement: Auch das systematische Management von Risiken ist ein zentrales Prinzip von PM². Die Methode erkennt an, dass Unsicherheiten und Risiken natürlicher Bestandteil von Projekten sind, und bietet daher Werkzeuge zur Identifizierung, Bewertung und Bewältigung von Risiken.
- Kultur der Zusammenarbeit: Ausserdem fördert PM² eine Kultur der Zusammenarbeit und des Wissensaustauschs. So wird Teamarbeit gefördert und die Methode beinhaltet Mechanismen, um das kollektive Wissen und die Erfahrung aller Beteiligten zu nutzen.
Diese Grundprinzipien und -werte bilden das Gerüst von PM² und ermöglichen es Organisationen, ihre Projektmanagementpraktiken zu verbessern und den Herausforderungen komplexer Projekte mit Zuversicht zu begegnen.
Unterschiede zu PMI, PRINCE2 und Scrum
PM² (Project Management Squared) | PMI (Project Management Institute) | PRINCE2 (Projects IN Controlled Environments) | Scrum | |
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit | Anpassbar an verschiedenste Projekte und Organisationen | Standardisiert und prozessorientiert | Strukturiert und prozessorientiert | Sehr flexibel anpassbar durch iterative Entwicklung |
Prozess | Initiierung, Planung, Ausführung, Überwachung, Abschluss | Initiierung, Planung, Ausführung, Überwachung, Abschluss | Start, Initiation, Control, Execution, Closure | Sprints, Scrum Events (Sprint Planning, Review, Retrospective) |
Rollen und Verantwortlichkeiten | Betont klare Rollen, jedoch anpassbar | Standardisierte Rollen, z.B. Projektleiter, Sponsor, etc. | Definierte Rollen wie Projektmanager, Senior Supplier, Senior User | Klar definierte Rollen wie Scrum Master, Product Owner, Development Team |
Anwendungsbereiche | Kann in verschiedenen Branchen und Organisationen eingesetzt werden | Allgemein anwendbar, besonders in der Industrie | Häufig in IT-Projekten, kann aber angepasst werden | Ursprünglich für Softwareentwicklung, kann aber flexibel in anderen Bereichen verwendet werden |
Klassisch oder agil? | Kann agil angepasst werden, aber nicht primär agil | Nicht primär agil, es gibt aber PMI Agile Certified Practitioner (PMI-ACP) für agiles Projektmanagement | Betont strukturiertes Wasserfallmodell, aber kann bei Bedarf aber agil angepasst werden | Agil, betont iterative Entwicklung, Zusammenarbeit und Flexibilität |
Der Prozess von PM²
Die Methode PM² basiert auf fünf Hauptprozessgruppen, die den gesamten Lebenszyklus eines Projektes abdecken:
1. Initiierung (Initiation):
In dieser Phase werden die Grundlagen des Projektes festgelegt, einschliesslich des Zwecks, der Ziele, der Beteiligten und der Rahmenbedingungen.
Aktivitäten: Projektidee definieren, Stakeholder identifizieren, Machbarkeitsstudien durchführen, Projektcharta erstellen.
2. Planung (Planning):
Die Planungsphase zielt darauf ab, alle notwendigen Schritte und Ressourcen zu identifizieren, um die Projektziele zu erreichen.
Aktivitäten: Zeitplan erstellen, Ressourcenplanung, Risikomanagement, Budgetierung, Kommunikationsplanung.
3. Ausführung (Execution):
In dieser Phase werden die im Projektplan definierten Aufgaben tatsächlich durchgeführt.
Aktivitäten: Teamführung, Aufgabenverteilung, Überwachung des Projektfortschritts, Kommunikation mit Stakeholdern, Qualitätsmanagement.
4. Überwachung (Monitoring):
Die Überwachungsphase befasst sich mit der kontinuierlichen Überwachung des Projektes, um sicherzustellen, dass es auf Kurs bleibt.
Aktivitäten: Fortschrittskontrolle, Risikobewertung und -management, Anpassung des Projektplans, Kommunikation mit den Stakeholdern.
5. Abschluss (Closing):
In dieser abschliessenden Phase werden alle Aktivitäten beendet, und das Projekt wird formal abgeschlossen.
Aktivitäten: Dokumentation von Ergebnissen, Erfahrungsaustausch, Abschluss von Verträgen, Freigabe von Ressourcen, Abschlussbericht.
Rollen und Verantwortlichkeiten
In PM² gibt es verschiedene Rollen, die klar definierte Verantwortlichkeiten tragen. Diese Rollen sollen sicherstellen, dass das Projekt effektiv geführt wird und die Anforderungen der Stakeholder erfüllt werden.
1. Projektleiter (Project Manager):
- Gesamtverantwortung für das Projektmanagement
– Planung, Ausführung und Überwachung des Projektes - Kommunikation mit Stakeholdern und Berichterstattung über den Projektfortschritt
- Risikomanagement und Problemlösung
2. Stakeholder (Project Sponsor):
- Trägt die Hauptverantwortung für den Projekterfolg
- Ermöglicht die Ressourcenbereitstellung und genehmigt den Projektplan
- Fungiert als Ansprechpartner für strategische Entscheidungen
3. Projektteammitglieder:
- Führen spezifische Aufgaben gemäss dem Projektplan aus
- Kommunizieren regelmässig mit dem Projektleiter über den Fortschritt
- Tragen zu Risikobewertungen und Problemlösungen bei
- Teilen ihr Fachwissen und ihre Perspektiven im Team
4. Qualitätsmanager:
- Überwacht die Einhaltung der Qualitätsstandards im gesamten Projekt
- Entwickelt Qualitätsprüfungen und -massnahmen
- Unterstützt bei der Identifizierung und Lösung von Qualitätsproblemen
- Berichtet regelmässig an den Projektleiter
5. Risikomanager:
- Identifiziert potenzielle Risiken für das Projekt
- Bewertet die Auswirkungen und Wahrscheinlichkeiten von Risiken
- Entwickelt und implementiert Strategien zur Vermeidung oder Minimierung von Risiken
- Hält das Risikoregister auf dem neuesten Stand und berichtet darüber
6. Change Manager:
- Überwacht Änderungen am Projektumfang oder den Anforderungen
- Bewertet die Auswirkungen von Änderungen auf das Projekt
- Stellt sicher, dass Änderungen angemessen dokumentiert und kommuniziert werden
- Koordiniert die Genehmigung von Änderungen mit den relevanten Stakeholdern
PM² und agiles Projektmanagement
PM² und agiles Projektmanagement scheinen auf den ersten Blick unterschiedliche Ansätze zu verfolgen. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich aber zahlreiche Gemeinsamkeiten und Kombinationsmöglichkeiten.
1. Gemeinsamkeiten:
- Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Beide Ansätze erkennen an, dass Projekte in einer sich ständig verändernden Umgebung stattfinden. Sowohl PM² als auch agiles Projektmanagement ermöglichen daher eine Anpassung an neue Anforderungen und Umstände, um den Projekterfolg zu fördern.
- Stakeholder-Einbindung: Sowohl PM² als auch agiles fördern eine offene Kommunikation und transparente Zusammenarbeit mit den Stakeholdern, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse verstanden und erfüllt werden.
- Kontinuierliche Verbesserung: Die kontinuierliche Verbesserung ist ein zentrales Prinzip beider Methoden. So ermutigen beide Ansätze dazu, aus Erfahrungen zu lernen, Prozesse zu optimieren und den Projekterfolg mit jedem Durchlauf zu steigern.
2. Kombination von PM² und Agilem Projektmanagement:
Die Kombination von PM² und agilen Prinzipien ermöglicht es, die Vorteile beider Methoden zu nutzen und gleichzeitig eine umfassende Herangehensweise an das Projektmanagement zu schaffen. Hier sind einige Möglichkeiten, wie diese Synergie geschaffen werden kann:
- Agile Anpassung von PM²: PM² kann agil angepasst werden, um die Flexibilität und Iteration von agilen Methoden aufzunehmen. Das kann bedeuten, dass beispielsweise Backlogs, Sprints oder User Stories im Rahmen der PM²-Struktur genutzt werden.
- Hybride Ansätze: In komplexen Projekten kann eine hybride Herangehensweise gewählt werden, bei der PM²-Strukturen beispielsweise für die Gesamtplanung und -überwachung verwendet werden, während agile Praktiken in einzelnen Phasen genutzt werden, bei denen iterative Entwicklung und Flexibilität besonders wichtig sind.
- Agile Teams in PM²-Kontexten: Eine weitere Möglichkeit, beide Methoden zu kombinieren ist agile Teams in PM²-Kontexten einzusetzen. Dadurch können die Vorteile der agilen Zusammenarbeit genutzt werden, während gleichzeitig die Gesamtstruktur von PM² beibehalten wird.
Vorteile von PM²
- Ganzheitlicher Ansatz: Der ganzheitliche Ansatz ermöglicht eine umfassende Betrachtung und Planung von Projekten.
- Anpassungsfähigkeit: Die Methode ist flexibel, sodass sie an verschiedene Projekte, Organisationen und Branchen angepasst werden kann.
- Integration von Best Practices: Die Methode nutzt bewährte Praktiken aus verschiedenen Projektmanagement-Methoden und Standards, wodurch eine solide Grundlage für effektives Projektmanagement geschaffen werden kann.
- Transparenz und Kommunikation: Klare Kommunikationswege und transparente Prozesse fördern eine effektive Zusammenarbeit und tragen dazu bei, dass alle Stakeholder gut informiert sind.
- Risikomanagement: Die Methode betont das systematische Risikomanagement, was dazu beiträgt, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und geeignete Massnahmen zu ergreifen.
- Kontinuierliche Verbesserung: Der Fokus auf kontinuierliche Verbesserung ermöglicht es, aus Erfahrungen zu lernen und die Effizienz von Projekten im Laufe der Zeit zu steigern.
Nachteile von PM²
- Zu komplex für kleine Projekte: Die Struktur und Prozesse von PM² können für kleinere Projekte als überdimensioniert sein.
- Lernkurve: Die Einführung von PM² erfordert eine Lernkurve für Teammitglieder und Projektmanager, insbesondere wenn sie mit der Methode noch nicht vertraut sind.
- Agilität: Obwohl PM² anpassbar ist, könnte es für Organisationen, die stark auf agile Praktiken setzen, zu starr strukturiert sein.
- Begrenzte Verbreitung: Im Vergleich zu etablierten Projektmanagementmethoden wie PMI oder PRINCE2 ist PM² weniger bekannt. Daher ist es wahrscheinlich, dass ein Grossteil der Teammitglieder eines Projektes nicht mit der Methode vertraut ist.
Fazit
PM² ist eine vielseitige Methode mit einem ganzheitlichen Ansatz, der Flexibilität, Transparenz sowie Ergebnisorientierung fördert. Die Grundprinzipien und -werte von PM², wie Anpassungsfähigkeit, Zielorientierung und kontinuierliche Verbesserung, bilden ein stabiles Fundament für den Projekterfolg. Die Methode zeichnet sich durch ihre Anwendbarkeit in verschiedenen Branchen und Organisationen aus, was zu einer effektiven Zusammenarbeit und der Nutzung bewährter Praktiken führt.
Die Projektmanagementsoftware myPARM kann alle Aspekte von PM² abbilden, von der Initiierung über die Planung und Ausführung bis zum Abschluss. Die Software ermöglicht die effiziente Zusammenarbeit und eine transparente Kommunikation. Das Risikomanagement wird durch Risikokataloge vereinfacht und die softwaregestützte Erfassung von Lessons Learned hilft bei der kontinuierlichen Verbesserung. Mit myPARM können Projektteams und Projektleitende also die Vorteile von PM² voll ausschöpfen und ihre Projekte erfolgreich steuern.
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