Zwischen den Zeilen: Wann und wie Mitigated Speech Führung erfolgreich macht

Wann und wie Mitigated Speech Führung erfolgreich macht

In der Welt des Projektmanagements und der Führung spielt Kommunikation eine zentrale Rolle für den Erfolg. Eine oft übersehene, aber äusserst wichtige Facette dieser Kommunikation ist die sogenannte „Mitigated Speech“ – die Praxis, Aussagen abzuschwächen oder zu mildern, um Konflikte zu vermeiden oder Hierarchien zu respektieren. Diese Form der indirekten Kommunikation kann jedoch zum zweischneidigen Schwert werden: Während sie in einigen Situationen dazu beiträgt, ein harmonisches Arbeitsumfeld zu schaffen, birgt sie gleichzeitig das Risiko von Missverständnissen und Fehlentscheidungen. Wir zeigen, warum es insbesondere für Führungskräfte und Projektleitende entscheidend ist, die Dynamik von Mitigated Speech zu verstehen und bewusst zu steuern, um eine klare und effektive Kommunikation im Team zu gewährleisten.

Was ist Mitigated Speech?

Mitigated Speech, die „abgemilderte Sprache“ oder „abgeschwächte Sprache“, bezeichnet die Praxis, Aussagen oder Anweisungen so zu formulieren, dass sie weniger direkt oder verbindlich wirken. Dies geschieht oft aus Höflichkeit, Respekt oder dem Wunsch, Konflikte zu vermeiden.
Dabei gibt es sechs Stufen der abgemilderten Sprache, die unterschiedliche Grade in der Abschwächung der Kommunikation darstellen – von direkter Sprache bis hin zu sehr vorsichtigen, indirekten Formulierungen.

  1. Befehl (Command): „Schalten Sie das Licht aus.“ Dies ist die direkteste Form der Kommunikation, bei der der Sprecher eine klare Anweisung gibt, ohne Abschwächung oder Höflichkeitsformen. So gibt es keinen Raum für Missverständnisse, die Aussage kann allerdings als zu fordernd oder unhöflich empfunden werden, besonders in sensiblen Kontexten.
  2. Deklarative Aussage (Team Obligation Statement): „Wir sollten das Licht ausschalten.“ Diese Stufe drückt eine kollektive Verpflichtung aus, wobei der Sprecher die Gruppe oder das Team in die Aussage einbezieht. Dies mildert den Befehl ab und schafft ein Gefühl der gemeinsamen Verantwortung.
  3. Vorschlag (Team Suggestion): „Könnten wir das Licht ausschalten?“ Der Sprecher macht hier einen Vorschlag, der Raum für Diskussionen oder Einwände lässt. Diese Form ist höflicher und weniger direkt als ein Befehl, aber immer noch relativ klar in der Intention.
  4. Frage zur Vorzugsoption (Query of Preference): „Wäre es nicht besser, wenn wir das Licht ausschalten?“ Hier wird eine Frage gestellt, um die Präferenz des Gegenübers zu erfahren. Diese Formulierung ist noch indirekter und lässt dem Empfänger die Möglichkeit, seine eigene Meinung einzubringen.
  5. Vorsichtige Frage (Hint): „Ist es hier nicht ein bisschen zu hell?“ Der Sprecher deutet das Anliegen nur an, ohne es direkt zu äussern. Diese Form ist sehr vorsichtig und indirekt, was das Risiko birgt, dass die Botschaft nicht klar genug ist und missverstanden wird.
  6. Andeutung (Mitigated Hint): „Es wäre vielleicht hilfreich, wenn es hier etwas dunkler wäre.“ Dies ist die am meisten abgemilderte Form der Kommunikation, bei der der Sprecher die Absicht nur andeutet, ohne sie direkt auszusprechen. Diese Ebene ist am risikoreichsten, da die Intention leicht übersehen oder ignoriert werden kann.

Warum wird abgemilderte Sprache verwendet?

  • Höflichkeit und Respekt: Abgemilderte Sprache hilft dabei, die Gefühle des Gesprächspartners zu schonen, indem sie die Aussage weniger konfrontativ gestaltet. Dies ist besonders in hierarchischen Strukturen wichtig, wo Untergebene ihre Vorgesetzten respektvoll ansprechen wollen, Ihnen nicht direkt widersprechen können oder sie keine klare Kritik äussern sollten. Um ihre Position nicht zu gefährden, aber dennoch wichtige Punkte anzusprechen, greifen sie dann häufig auf indirekte oder mildernde Formulierungen zurück.
  • Vermeidung von Konflikten: In Situationen, in denen es zu Spannungen oder Meinungsverschiedenheiten kommen könnte, kann abgemilderte Sprache dazu beitragen, potenzielle Konflikte zu entschärfen, indem sie den Ton der Konversation weicher macht.
  • Bewahrung von Harmonie: Menschen haben ein starkes Bedürfnis, von anderen akzeptiert und gemocht zu werden. Direkte oder konfrontative Aussagen könnten dieses Bedürfnis gefährden, indem sie die Beziehung zum Gesprächspartner belasten. Abgemilderte Sprache ermöglicht es dem Sprecher, seine Botschaft zu übermitteln, ohne das Risiko einzugehen, die soziale Harmonie zu stören.
  • Unsicherheit oder Vorsicht: Ausserdem wird abgemilderte Sprache auch verwendet, wenn man sich über den richtigen Kurs bzw. die Richtigkeit einer Aussage unsicher ist oder man nicht zu fordernd wirken möchte. Indem Aussagen abgemildert werden schützt man sich vor möglichen Fehlern, kritischen Rückmeldungen oder negativen Konsequenzen.
  • Kulturelle Prägung: In vielen Kulturen, insbesondere in kollektivistischen Gesellschaften wie denen in Ostasien, wird grosser Wert auf Harmonie und den Erhalt sozialer Beziehungen gelegt. Hier wird abgemilderte Sprache häufig verwendet, um das Gesicht des Gesprächspartners zu wahren und direkte Konfrontationen zu vermeiden. In diesen Kulturen ist indirekte Kommunikation also eine Norm, während in individualistischen Kulturen, wie in vielen westlichen Ländern, oft eine direktere Kommunikation bevorzugt wird.
  • Geschlechterrollen: Geschlechterrollen können ebenfalls Einfluss auf die Verwendung von Mitigated Speech haben. Studien zeigen, dass Frauen tendenziell häufiger abgemilderte Sprache verwenden, um als kooperativ und empathisch wahrgenommen zu werden, da diese Eigenschaften in vielen Kulturen als sozial wünschenswert für Frauen gelten. Männer hingegen könnten in einigen Kontexten ermutigt werden, direkter zu kommunizieren, um als durchsetzungsfähig und stark zu gelten.
  • Berufliche und soziale Normen: In bestimmten Berufen oder sozialen Gruppen kann abgemilderte Sprache zudem die Norm sein. Beispielsweise in Berufen, in denen diplomatische oder therapeutische Kommunikation zentral ist (wie in der Diplomatie oder im Gesundheitswesen), wird abgemilderte Sprache bewusst eingesetzt, um sensibel mit schwierigen Themen umzugehen.

Wann Mitigated Speech zu Problemen führen kann

Abgemilderte Sprache hat also ihre Vorteile und kann sehr hilfreich sein. Allerdings kann sie auch zu einigen Schwierigkeiten führen.

  1. Missverständnisse und Fehlinterpretationen: Abgemilderte Sprache kann dazu führen, dass eine Botschaft nicht klar ankommt. Wenn Aussagen zu stark abgeschwächt werden, besteht beispielsweise die Gefahr, dass sie vom Empfänger nicht ernst genommen, falsch interpretiert oder schlichtweg ignoriert werden. So könnte ein Teammitglied eine abgemilderte Aufforderung nicht als dringlich empfinden und eine Aufgabe nicht rechtzeitig erledigen oder die angesprochene Person könnte das Gefühl haben, dass sie gar nicht gemeint ist bzw. dass es überhaupt keine Aufforderung ist.
  2. Fehlende Klarheit in der Kommunikation: Ausserdem kann abgemilderte Sprache dazu führen, dass Teammitglieder nicht genau wissen, was von ihnen erwartet wird. Dies kann zu Verwirrung, ineffizientem Arbeiten und Verzögerungen führen.
  3. Unterschwellige Konflikte: Mitigated Speech wird auch oftmals verwendet, um kritische, aber unangenehme Themen zu vermeiden. Wenn Konflikte oder Probleme durch abgemilderte Sprache aber nicht direkt angesprochen werden, bleiben sie oft ungelöst und können langfristig die Teamdynamik belasten. Leistet beispielsweise ein Teammitglied konstant schlechte Arbeit, aber die Führungskraft spricht das Thema nicht direkt an, kann das für das ganze Team zu grösseren Problemen führen.
  4. Schwächung der Autorität: Zudem können Führungskräfte als schwach oder unsicher wahrgenommen werden, wenn sie sich zu sehr auf abgemilderte Sprache verlassen. So kann es vorkommen, dass Anweisungen, die in einem unsicheren, abgemilderten Ton gegeben werden, nicht ernst genommen werden.

In Malcolm Gladwells Buch „Outliers“ wird eine berühmte Studie aus der Luftfahrtindustrie erwähnt, die die fatalen Folgen von Mitigated Speech aufzeigt. Die Studie untersuchte Flugzeugabstürze, bei denen Kommunikationsfehler eine wesentliche Rolle spielten. In vielen dieser Fälle waren Co-Piloten oder andere Crew-Mitglieder zu zurückhaltend oder respektvoll gegenüber dem Kapitän, um potenziell gefährliche Situationen direkt anzusprechen.

Beispiel: Ein Co-Pilot bemerkte ein technisches Problem, wies aber in einer abgemilderten Form darauf hin: „Es scheint, als ob es hier ein kleines Problem geben könnte.“ Der Kapitän nahm die Warnung nicht ernst genug, was zu einer Katastrophe führte.

Gerade in solchen Fällen kann abgemilderte Sprache zu lebensbedrohlichen Missverständnissen führen oder die Handlungsfähigkeit von Teammitgliedern einschränken, sodass notwendige Massnahmen nicht ergriffen werden. Während Mitigated Speech also in vielen Situationen nützlich sein kann, um Beziehungen zu pflegen und Konflikte zu vermeiden, birgt sie erhebliche Risiken, wenn eine klare, präzise Kommunikation erforderlich ist. Führungskräfte und Projektmanager sollten sich dieser Risiken bewusst sein und eine Kultur fördern, in der offenes, direktes Feedback möglich ist, um Missverständnisse und Fehlentscheidungen zu vermeiden.

Bewusster Einsatz von Mitigated Speech im Arbeitsalltag

Durch den Einsatz von Mitigated Speech können Führungskräfte und Mitarbeitende im Arbeitsalltag eine positive und produktive Kommunikation aufrechterhalten. Um aber mögliche Unklarheiten oder Schwierigkeiten zu vermeiden, sollte Mitigated Speech bewusst eingesetzt werden. Dabei helfen einige einfache Regeln.

  • Klare Ziele setzen: Bevor abgemilderte Sprache verwendet wird, sollte klar sein, welches Ziel damit erreicht werden soll:
    • Ein harmonisches Arbeitsumfeld zu schaffen oder aufrechtzuerhalten sowie Respekt und Wertschätzung zu zeigen.
    • Sensible Themen oder kritisches Feedback anzusprechen.
    • Hierarchien und kulturelle Normen zu berücksichtigen.
    • Konflikte zu vermeiden oder zu deeskalieren.
    • Die Zusammenarbeit und den Austausch von Ideen zu fördern.
  • Balance zwischen Höflichkeit und Klarheit: Während es wichtig ist, respektvoll zu kommunizieren, darf die Botschaft nicht so stark abgemildert werden, dass sie unklar wird. Das richtige Mass an Direktheit sollte je nach Kontext beibehalten werden.
  • Kontext berücksichtigen: Der Einsatz von Mitigated Speech sollte immer im Kontext der jeweiligen Situation erfolgen. In Krisensituationen oder wenn präzise Anweisungen erforderlich sind, ist direkte Kommunikation oft besser geeignet. Dagegen ist abgemilderte Sprache immer dann notwendig, wenn der kulturelle Kontext dies vorgibt.
  • Offene Kommunikationskultur fördern: Trotz des gelegentlichen Einsatzes von Mitigated Speech sollte in einem Unternehmen eine Kultur offener und ehrlicher Kommunikation gefördert werden, in der Mitarbeiter sich sicher fühlen, ihre Gedanken klar und direkt auszudrücken.

Fazit

Mitigated Speech ist ein zweischneidiges Schwert in der Kommunikation, insbesondere in Führungs- und Projektmanagementkontexten. Während abgemilderte Sprache dazu beitragen kann, Harmonie zu fördern und Konflikte zu vermeiden, birgt sie gleichzeitig das Risiko von Missverständnissen und ineffektiver Entscheidungsfindung. Führungskräfte sollten sich der Dynamik dieser Kommunikationsform bewusst sein und sie gezielt einsetzen, um eine Balance zwischen Höflichkeit und Klarheit zu wahren.

Tools wie myPARM CorporateNavigator und myPARM ProjectManagement können wesentlich dazu beitragen, die Kommunikation im Team zu optimieren. Durch eine klare Strukturierung von Aufgaben, transparente Reporting-Funktionen und integrierte Kommunikationskanäle unterstützen diese Softwarelösungen Führungskräfte und Projektleitende dabei, direkte und abgemilderte Sprache effektiv einzusetzen. Sie bieten eine Plattform, auf der sowohl klare Anweisungen als auch sensibel formulierte Rückmeldungen effizient und nachvollziehbar kommuniziert werden können, wodurch Missverständnisse vermieden und die Zusammenarbeit gestärkt wird.

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