Die ABC-Analyse im Projektportfoliomanagement
Schlüssel zur effektiven Projektpriorisierung
In der Welt des Projektportfoliomanagements finde jede Idee, jeder Plan und jedes Ziel seinen Platz. Doch da man in der Regel nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung hat, kann es schwer sein strategisch zu entscheiden, welches Projekt die höchste Priorität verdient und welche in den Hintergrund treten müssen. Hier kommt die ABC-Analyse ins Spiel – ein leistungsstarkes Werkzeug, das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Projekte intelligent zu bewerten und effektiv zu steuern, indem sie in verschiede Kategorien eingeteilt werden. Diese differenzierte Betrachtung ermöglicht es Ihnen, Ihre begrenzten Ressourcen effizient einzusetzen und Risiken zu minimieren und dient so als Kompass, um Ihr Unternehmen zum Erfolg zu führen.
Was ist die ABC-Analyse?
Die ABC-Analyse ist eine Methode zur Priorisierung und Entscheidungsfindung. Sie basiert auf dem Pareto-Prinzip und kann Ihnen dabei helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren sowie Schwerpunkte für Ihr weiteres Vorgehen zu setzen. Basierend auf von Ihnen definierten Kriterien werden die untersuchten Elemente in die Kategorien A, B und C eingeteilt und auf diese Weise priorisiert. Ursprünglich stammt die ABC-Analyse aus der Materialwirtschaft und wurde verwendet, um Lagerbestände zu optimieren, indem sowohl solche Artikel identifiziert werden, die stark nachgefragt werden, als auch solche, die eine hohe Lagerdauer aufweisen, die also auch die höchsten Kosten verursachen. Die Analyse kann aber auch auf zahlreiche weitere Bereiche angewendet werden, um Fragen zu klären wie z. B.
- Produktmanagement: Welche sind die wichtigsten Produkte oder Services, die am meisten zum Unternehmenserfolg beitragen? Was sind die wichtigsten Funktionen eines Produktes?
- Kundenanalysen: Wer sind unsere wichtigsten Kunden, die am meisten zum Umsatz beitragen?
- Einkauf: Wer sind unsere wichtigsten Lieferanten?
- Zeitmanagement: Wie sollten Aufgaben priorisiert werden? Welche Tätigkeiten bringen den grössten Nutzen und welche sollten lieber delegiert werden?
- Projektportfoliomanagement: Welche Projekte sind für das Erreichen der Unternehmensziele besonders wichtig und auf welche könnte verzichtet werden? Welche Projekte binden viele Ressourcen, ohne letztlich zum Unternehmenserfolg beizutragen?
Nutzen der ABC-Analyse im Projektportfoliomanagement
Die ABC-Analyse kann im Projektmanagement für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden:
- Projektpriorisierung: Indem Sie eine ABC-Analyse durchführen und mit einer Lorenzkurve darstellen, können Sie Ihr Projektportfolio einfach überblicken, z. B. im Hinblick darauf, welche Projekte die meisten Ressourcen erfordern, welche Projekte strategisch am wichtigsten sind oder welche die höchsten Kosten haben. So können Sie hoch priorisierten Projekten beispielsweise vorrangig Ressourcen zuweisen, um sicherzustellen, dass diese erfolgreich umgesetzt werden können.
- Risikomanagement: Die ABC-Analyse kann genutzt werden, um Projekte entsprechend ihrer Risikoprofile zu klassifizieren und so geeignete Massnahmen zur Risikominderung umzusetzen. Ausserdem können Sie so einfach erkennen, welchen Projekten Sie besondere Aufmerksamkeit und Überwachung schenken sollten. Als Kriterien können Sie hierfür beispielsweise die Tragweite der Risiken, Ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und den Risikowert, also das Produkt von Eintrittswahrscheinlichkeit und Tragweite, heranziehen.
- Klassifizierung von Stakeholdern: Sind Sie sich nicht sicher, welchen Stakeholdern Sie besondere Aufmerksamkeit schenken sollten, dann können Sie auch diese mit der ABC-Analyse klassifizieren, z. B. mit den Kriterien Konfliktwahrscheinlichkeit und Einfluss.
- Zeitmanagement: Auch die in einem Projekt anfallenden Aufgaben können anhand der ABC-Analyse priorisiert werden. So können Sie denjenigen Aufgaben, die die grösste Auswirkung auf den Erfolg des Projektes haben, eine hohe Priorität einräumen.
Kriterien für die ABC-Klassifizierung
Die Kriterien für die ABC-Klassifizierung können je nach Unternehmen, Branche und spezifischen Anforderungen variieren. Im Projekt-, bzw. Projektportfoliomanagement werden häufig folgende Kriterien berücksichtigt:
- Finanzieller Beitrag: Dieses Kriterium bewertet den finanziellen Wertbeitrag eines Projekts zum Unternehmen. Es kann sich auf Faktoren wie erwartete Umsätze, Gewinne oder Rendite des Projekts beziehen.
- Strategische Bedeutung: Auch die Ausrichtung eines Projekts auf die strategischen Ziele und Prioritäten eines Unternehmens wird häufig betrachtet. Projekte, die eng mit den strategischen Zielen des Unternehmens verknüpft sind und eine hohe strategische Bedeutung haben, werden häufig in die Kategorie A eingestuft. Projekte mit geringerer strategischer Bedeutung fallen in die Kategorien B oder C.
- Ressourcenanforderungen: Dieses Kriterium bewertet den Ressourcenbedarf eines Projekts, beispielsweise bezüglich Zeit, Geld, Personal oder anderen benötigten Ressourcen.
- Kundenwert: Zudem ist der Wert des Projektes aus Sicht der Kunden oder Zielgruppen häufig ein wichtiges Kriterium. Projekte, die einen hohen Kundenwert haben und einen direkten Einfluss auf Kundenzufriedenheit, Marktwachstum oder Wettbewerbsvorteil haben, können in die Kategorie A eingestuft werden. Projekte mit geringerem Kundenwert können in die Kategorien B oder C fallen.
- Risiko: Das Risikoprofil eines Projekts, einschliesslich technischer Herausforderungen, Unsicherheiten oder potenzieller Auswirkungen auf das Unternehmen wird ebenfalls gerne beurteilt.
Im Vergleich zu anderen Bereichen, in denen die ABC-Analyse angewendet werden kann, muss im Projektmanagement häufig auf Schätzwerte zurückgegriffen werden, da die tatsächlichen Werte noch nicht bekannt sind. So ist beispielsweise vor Projektstart der tatsächlich anfallende Aufwand nicht bekannt, und es muss eine Aufwandsschätzung für die Analyse verwendet werden.
Der Prozess der ABC-Analyse im Projektportfoliomanagement
Der Prozess der ABC-Analyse im Projektportfoliomanagement besteht aus mehreren Schritten. Hier ist eine Beschreibung des typischen Ablaufs:
1. Zielsetzung und Auflistung der zu untersuchenden Projekte:
Fragen Sie sich zunächst, welches Ziel Sie mit der ABC-Analyse erreichen wollen, bzw. welche Frage Sie gerne beantworten möchten. Verschaffen Sie sich anschliessend einen guten Überblick über Ihr Projektportfolio, bzw. die relevanten Projekte.
2. Identifizierung der Bewertungskriterien:
Anschliessend müssen die Bewertungskriterien festgelegt werden, die zur Klassifizierung der Projekte verwendet werden sollen. Dies können beispielsweise der erwartete Aufwand oder Umsatz, die strategische Bedeutung, oder der Risikowert sein. Es ist wichtig, möglichst klare und messbare Kriterien zu definieren, die den Zielen und Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen.
3. Datenerfassung:
Nun werden die relevanten Daten und Informationen zu den einzelnen Projekten im Portfolio gesammelt. Berechnen Sie auch den jeweiligen Anteil am Gesamtvolumen der Daten, um Vergleichbarkeit der verschiedenen Projekte herzustellen. Haben Sie als Kriterium beispielsweise die Kosten für die Umsetzung eines Projektes definiert, sollten Sie die Kosten sämtlicher Projekte summieren, um so anschliessend den prozentualen Anteil einzelner Projekte an den Gesamtkosten bestimmen zu können. Sortieren Sie dann die Projekte anhand ihres Anteils in auf- oder absteigender Reihenfolge.
4. Kategorisierung der Projekte:
Nun folgt die Kategorisierung der Projekte in die verschiedenen Klassen. Ursprünglich wurden in der ABC- Analyse drei Klassen verwendet. Diese Anzahl können Sie aber an Ihren Bedarf anpassen. Das ist dann sinnvoll, wenn für unterschiedliche Klassen unterschiedliche Handlungsstrategien festgelegt werden. Das bedeutet, dass Sie beispielsweise vier Kategorien benötigen, wenn Sie vier verschiedene Strategien festlegen möchten. Stehen jedoch nur zwei verschiedene Strategien zur Auswahl, benötigen Sie im Folgenden auch nur zwei Kategorien.
Die Aufteilung in die verschiedenen Klassen folgt grob der 80/20-Regel des Pareto-Prinzips. Dieses besagt, dass in den meisten Fällen 20 Prozent der betrachteten Elemente für 80 Prozent des Erfolgs, der Kosten, der Umsätze usw. verantwortlich sind. Um die Aufteilung in die verschiedenen Kategorien vorzunehmen, ist also eine objektive Analyse und eine sorgfältige Abwägung der einzelnen Projektmerkmale notwendig. So können Sie beispielsweise erkennen, dass eine Einteilung in 15 Prozent, 20 Prozent und 65 Prozent sinnvoll ist, oder eine Einteilung in 5 Prozent, 15 Prozent und 80 Prozent besser für Ihre Projekte geeignet ist.
Generell lässt sich sagen, dass es sich bei Projekten in der Kategorie A um die wenigen Projekte handelt, die den grössten Anteil an den betrachteten Kriterien haben. Dies sind diejenigen Projekte, die Sie besonders betrachten sollten, da bei Ihnen meist die grössten Auswirkungen auf Ihr Unternehmen bestehen. B-Projekte bilden das Mittelfeld mit einer mittleren Anzahl und einem mässigen Beitrag zu den untersuchten Kriterien. Projekte in der Kategorie C treten in einer verhältnismässig grossen Menge auf, haben aber nur einen geringen Einfluss auf die Gesamtsituation.
Um die Ergebnisse der Analyse schnell erfassbar darzustellen, können Sie sie in einer Lorenz-Kurve visualisieren. Der stark ansteigende Bereich zu Beginn der Kurve symbolisiert den grossen Anteil der Projekte in der Kategorie A, während Sie die geringer werdenden Anteile der Kategorien B und C durch eine weniger stark steigende Kurve betrachten können.
5. Priorisierung und Ableiten der Strategie:
Basierend auf der Kategorisierung der Projekte können Sie nun passende Handlungen ableiten, indem Sie beispielsweise wichtigen Projekten entsprechende Ressourcen zuweisen oder die Projekte priorisieren.
6. Überwachung und Aktualisierung:
Die ABC-Analyse ist ein kontinuierlicher Prozess. Die Klassifizierung der Projekte sollte regelmässig überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden. Dies ermöglicht eine dynamische Anpassung der Projekte im Projektportfolio. So können Sie flexibel Ressourcen anpassen, frühzeitig Risiken identifizieren oder Ihre Strategie verändern, wenn dies nötig wird.
Beispiel: ABC-Analyse zur Darstellung des Projektportfolios
In unserem Beispiel möchte ein Unternehmen sein Projektportfolio darstellen und die Projekte priorisieren. Als Bewertungskriterium wird hierfür der geschätzte Umsatz der Projekte definiert. Der erwartete Umsatz jedes Projektes wird notiert und sein Anteil am Gesamtumsatz berechnet. Anschliessend werden die Projekte anhand dieses Anteils in absteigender Reihenfolge sortiert. Daraus entsteht folgende Tabelle:
Projekt | Geschätzter Umsatz in Tausend Euro | Anteil am Umsatz in Prozent | Anteil am Umsatz kumuliert |
P2 | 800 | 36,5 | 36,5 |
P1 | 500 | 22,8 | 59,3 |
P3 | 300 | 13,7 | 73 |
P7 | 200 | 9,1 | 82,1 |
P8 | 150 | 6,8 | 83,9 |
P4 | 100 | 4,6 | 90,7 |
P10 | 50 | 2,3 | 95,3 |
P9 | 40 | 1,8 | 96,7 |
P5 | 30 | 1,4 | 99 |
P6 | 20 | 0,9 | 100 |
Bereits in dieser Tabelle ist leicht zu erkennen, dass das Projekt P2 und P1 den grössten Anteil am Umsatz haben. Die Projekte P3 und P7 weisen bereits einen deutlich geringeren Anteil auf, während die weiteren Projekte nur einen kleinen Beitrag leisten. Nun teilen wir die Projekte in die verschiedenen Kategorien ein. Das funktioniert anhand des Pareto-Prinzips, d. h. der 80/20-Regel. In unserem Fall passen wir die Einteilung an die Anteile unserer Projekte an und erhalten daher folgende Aufteilung:
Kategorie A: Projekt P2 und P1 – Gesamtumsatz 59,3 Prozent
Kategorie B: Projekte P3 und P7 – Gesamtumsatz 22,8 Prozent
Kategorie C: alle weiteren Projekte – Gesamtumsatz 17,8 Prozent
Diese Aufteilung visualisieren wir für ein besonders einfaches Verständnis mit der Lorenz-Kurve.
Durch den zunächst sehr starken Anstieg der Kurve ist klar ersichtlich, dass Projekt P2 und P 1 in der Kategorie A den grössten Anteil am Umsatz haben, die Projekte in Kategorie B tragen weitere 22,8 Prozent bei. Somit sind diese beiden Kategorien bereits über 80 Prozent des erwarteten Umsatzes verantwortlich, während sich in der Kategorie C die meisten Projekte befinden, die allerdings nur 17,8 Prozent zum Umsatz beitragen.
Im nächsten Schritt werden Strategien für den Umgang mit den verschiedenen Kategorien festgelegt. So könnte das Beispielunternehmen den Projekten der Kategorie A eine hohe Priorität einräumen, da diese voraussichtlich viel Umsatz generieren werden. Es könnte diesen Projekten bevorzugt Ressourcen zuweisen und gleichzeitig diese Projekte während der Umsetzung stärker beobachten, damit sie erfolgreich abgeschlossen werden. Die Projekte der Kategorie B weisen einen mittleren Umsatz auf und könnten daher eine moderate Priorität eingeräumt bekommen. D. h. sie erhalten beispielsweise ausreichend Ressourcen, allerdings werden bei Konflikten die Projekte aus Kategorie A vorgezogen. Die Projekte der Kategorie C haben in diesem Fall den geringsten zu erwartenden Umsatz. Hier könnte also geklärt werden, ob diese Projekte tatsächlich umgesetzt werden müssen, beispielsweise weil sie strategisch wichtig sind.
Vorteile der ABC-Analyse
- Lenkt den Blick auf das Wesentliche
- Einfach anzuwendende Methode
- Hilft bei der strategischen Ausrichtung eines Unternehmens
- Prioritäten werden klar erkennbar dargestellt
- Kann für verschiedenste Bereiche und Fragestellungen flexibel eingesetzt werden
- Bildet eine gute Grundlage für die Kommunikation mit Stakeholdern sowie zur Entscheidungsfindung
- Komplexe Probleme werden sehr einfach dargestellt
Herausforderungen der ABC-Analyse
- Gerade im Projektmanagement kann die Analyse bei der Verwendung von Schätzwerten ungenaue Ergebnisse liefern.
- Die Einteilung in die verschiedenen Klassen erfordert subjektive Einschätzungen, wodurch die Analyse andere Ergebnisse liefern kann, wenn sie von unterschiedlichen Personen durchgeführt wird.
- Die Analyse ist eine reine Bestandsaufnahme, d. h. es wird nur der Ist-Zustand abgebildet, während beispielsweise zukünftige Potenziale nicht berücksichtigt werden. Veränderungen am Projektportfolio, wie beispielsweise neu hinzukommende Projekte, werden ebenfalls nicht abgebildet.
- Die untersuchten Elemente, bzw. Projekte, werden isoliert voneinander betrachtet. Dadurch werden Abhängigkeiten oder Synergien zwischen den Projekten vernachlässigt.
- Die Priorisierung von Projekten kann durch die Analyse auf Basis eines einzelnen Kriteriums durchgeführt werden und bildet so die komplexe Realität nur ungenau ab.
- Die ABC-Analyse liefert keine Empfehlungen für Handlungsweisen.
- Die Klassifizierung in nur drei Kategorien ist stark vereinfacht. Dadurch können wichtige Nuancen oder Unterschiede zwischen den Projekten verloren gehen.
Fazit
Die ABC-Analyse ist ein einfaches Instrument, das es Unternehmen erlaubt den Blick auf das Wesentliche zu lenken und Prioritäten zu setzen. Gerade im Projektportfoliomanagement kann Sie dabei helfen, die richtigen Projekte zu priorisieren, Ressourcen optimal zu verteilen und Risiken zu mindern.
Eine Projektmanagementsoftware mit integriertem Portfoliomanagement kann Sie dabei noch weiter unterstützen. So helfen umfangreiche Analyse-, Simulations- und Priorisierungsfunktionen bei der Planung und Bewertung Ihres Portfolios. Zudem können Sie innerhalb des Systems direkt Massnahmen einleiten, Projekten Ressourcen oder Prioritäten zuweisen, und jederzeit den aktuellen Status Ihres Portfolios überblicken.
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