Projektmanagement-ABC: R wie Root Cause Analysis

Probleme in Projekten an der Wurzel packen

Projektmanagement-ABC: R wie Root Cause Analysis

Probleme im Projektmanagement sind wie Unkraut. Man kann die Blätter abschneiden und damit die Symptome behandeln oder man reisst sie mit der Wurzel heraus. Genau hier kommt die Root Cause Analysis (RCA) ins Spiel. Wir erklären, was dahintersteckt, warum sich der Aufwand lohnt und wie Projektleitende die RCA praxisnah anwenden können.

Was ist Root Cause Analysis überhaupt?

Die Root Cause Analysis, oder auf Deutsch Ursachenanalyse, ist ein strukturierter Ansatz, um die ursächliche Quelle eines Problems zu identifizieren und nicht nur dessen sichtbare Auswirkung.

Nehmen wir ein klassisches Beispiel:
Ihr Projekt ist wiederholt in Verzug. Die oberflächliche Ursache scheint eine verspätete Lieferung von Bauteilen zu sein. Eine RCA würde allerdings tiefer graben und beispielsweise fragen:

  • Warum wurden die Bauteile zu spät geliefert?
  • Warum hat der Lieferant zu wenig Kapazitäten eingeplant?
  • Warum wurde keine Risikoprüfung vor der Bestellung durchgeführt?

So kommen Sie von Symptomen zu Ursachen. Und erst, wenn Sie diese kennen, können Sie nachhaltige Lösungen implementieren, um ähnliche Probleme in Zukunft zu vermeiden.

Root Cause Analysis in der Praxis: Ein bekanntes Beispiel
Die Explosion der Challenger-Raumfähre 1986 wird im Ingenieurwesen oft als tragisches RCA-Beispiel herangezogen. Ursprünglich schob man den Fehler auf „Materialversagen“ der O-Ringe bei Kälte. Die Root Cause Analysis zeigte jedoch, dass Managemententscheidungen und Missachtung von Warnungen der Ingenieure der eigentliche Grund waren.

Eine RCA deckt also oft nicht nur technische, sondern auch organisatorische und kommunikative Ursachen auf.

Warum ist die RCA so wichtig im Projektmanagement?

  1. Verhindert wiederkehrende Probleme und spart damit Zeit, Geld und Nerven. Wer RCA meistert, hört also auf, „Feuerwehr“ zu spielen, und wird strategischer Gestalter.
  2. Steigert die Qualität nachhaltig, da eine RCA auf systematische Verbesserung statt hektischer Ad-hoc-Reparaturen zielt.
  3. Stärkt Teamdenken, denn die RCA sollte nicht genutzt werden, um einen Schuldigen zu finden, sondern ist eine neutrale Methode, um gemeinsam zu lernen.
  4. Unterstützt Lessons Learned.

Typische Methoden der Root Cause Analysis

1. Die 5-Why-Methode

Die 5-Why-Methode ist der Klassiker unter den RCA-Tools. Erfunden wurde sie von Sakichi Toyoda als Teil des bekannten Toyota Production System. Der Kern der Methode ist es, fünfmal „Warum?“ zu fragen, um die Kausalkette eines Problems schrittweise offenzulegen und so von der Oberfläche des Problems zur eigentlichen Ursache zu gelangen. Die Zahl Fünf ist dabei kein Gesetz, vielmehr reichen manchmal drei „Warums“, manchmal braucht es aber auch sieben.
Die Methode ist sehr einfach umsetzbar und wird daher gerne in Workshops genutzt. Zunächst wird hierfür das Problem präzise definiert. Anschliessend wird auf das direkt vorhergehende Ereignis die Frage „Warum?“ gestellt. D.h. zunächst wird gefragt, warum es zu dem Problem kam. Daraufhin wird die Frage zur vorherigen Antwort gestellt.

Beispiel aus dem Projektalltag:
Problem: Projektfortschritt verspätet
Warum? Aufgabe A wurde nicht wie geplant fertiggestellt
Warum? Mitarbeiter X hatte nicht genug Zeit, die Aufgaben zu erledigen
Warum? In der Ressourcenplanung wurde der Urlaub von Mitarbeiter X nicht berücksichtig
Warum? Es fand kein Abgleich mit dem Urlaubsplan statt
Warum? Urlaubspläne werden nicht ins PM-Tool eingepflegt
Ursache: Fehlende Integration von HR-Daten in die Projektplanung.

Unser Tipp: Auch wenn die Methode sehr einfach umzusetzen ist, sollten Sie sie im Team durchführen und nicht alleine am Schreibtisch. Auf diese Weise wird das Problem aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und sie können die tatsächliche Ursache identifizieren. Gemeinsam fällt es auch leichter zu prüfen, ob eine Antwort wirklich ursächlich ist, oder ob sie nur eine Teilerklärung liefert.

2. Ishikawa-Diagramm (Fishbone oder Ursache-Wirkungs-Diagramm)

Das Isikawa- Diagramm ist ideal für komplexe Probleme mit mehreren Einflussfaktoren. Es visualisiert Zusammenhänge und Ursachen in Kategorien wie:

  • Mensch (z. B. fehlende Skills)
  • Maschine (z. B. Softwarefehler)
  • Methode (z. B. ineffiziente Prozesse)
  • Material (z. B. Lieferengpässe)
  • Milieu (z. B. Unternehmenspolitik)
  • Messung (z. B. falsche KPIs)

Eine detaillierte Erklärung des Ishikawa-Diagramms finden Sie in diesem Beitrag.

3. Fault Tree Analysis (FTA)

Die Fault Tree Analysis (Fehlerbaumanalyse) ist eine analytische Technik, die ursprünglich aus der Sicherheits- und Risikotechnik stammt, aber auch im Projektmanagement wertvolle Dienste leistet. Insbesondere bei technischen oder systemischen Problemen zeigt die FTA ihre Stärken. Sie arbeitet mit logischen Gatter-Visualisierungen („UND“, „ODER“), um zu erkennen, welche Kombinationen von Ursachen zu einem Problem führen.

So funktioniert die Methode:

  1. Starten Sie mit dem Top Event. Dies ist das unerwünschte Ereignis, das analysiert werden soll (z. B. „Das System ist ausgefallen“).
  2. Identifizieren Sie anschliessend alle unmittelbaren Ursachen.
  3. Stellen Sie die Ursachen mit logischen Verknüpfungen dar. Für die Verknüpfungen gibt es zwei Möglichkeiten:
    • UND bedeutet, dass alle Ursachen gleichzeitig eintreten müssen, damit das Top Event passiert.
    • ODER bedeutet, dass bereits eine der Ursachen das Top Event auslösen kann.
  4. Zerlegen Sie jede Ursache weiter, bis Sie nicht tiefer analysieren können oder eine weitere Analyse unwirtschaftlich wird.

Beispiel aus einem Softwareprojekt:
Top Event: Webserver ist ausgefallen
Ursachen (ODER-Verknüpfung): Hardware-Defekt ODER Überlastung des Systems ODER Fehlerhaftes Update. Das Top Event kann also unabhängig voneinander durch jede der drei identifizierten Ursachen ausgelöst werden.
Bei der weiteren Analyse der Ursache „Überlastung des Systems“ wird aber erkannt, dass die Ursachen „plötzlich hoher Traffic“ und „kein Load Balancing aktiviert“ bei gleichzeitigem Auftreten (UND-Verknüpfung) das Top Event auslösen. Hier zeigt die FTA also, dass nicht nur der hohe Traffic das Problem ist, sondern die fehlende Skalierungsarchitektur die eigentliche Schwachstelle darstellt.

Unser Tipp: Die FTA ist aufwändiger in der Erstellung. Daher sollten Sie sie vor allem für kritische Risiken oder Probleme mit Sicherheits- und Compliance-Relevanz nutzen.

Tipps zur Methodenauswahl

Methode

Einsatzgebiet

Vorteil

5-Why

Schnelle Ursachenfindung bei klar umgrenzten Problemen

Einfach, keine Tools nötig

Ishikawa

Komplexe Probleme mit mehreren Einflussfaktoren

Klare Visualisierung

FTA

Technische, systemische Probleme, Risikobewertungen

Detaillierte Logikstrukturen, präzise Ursachenverknüpfung

Best Practices

  • Definieren Sie das Problem klar und messbar. „Projektverzögerung“ ist zu unspezifisch. Besser wäre „Lieferung A überschreitet Deadline um 3 Tage.“ Belegen Sie dafür das Problem mit Fakten, z. B. seit wann es besteht, wen es betrifft, was für Konsequenzen oder Symptome das Problem bewirkt. So erhalten Sie ein umfassendes Bild des Problems und können die Ursachen später genauer analysieren.
  • Involvieren Sie das Team. Die besten Insights kommen oft von operativen Mitarbeitenden, nicht vom Projektleitenden alleine. Ihr Team einzubinden beschleunigt zudem die Lösungsfindung und hilft, auch Ursachen zu sehen, die Sie selbst verantwortet haben könnten.
  • Trennen Sie Ursache und Verantwortung. Eine RCA ist keine Schuldzuweisung, sondern ein Instrument für die kontinuierliche Verbesserung. Nutzen Sie sie für Schuldzuweisungen wird das Team zukünftig vielleicht nur zögerlich daran teilhaben.
  • Dokumentieren Sie die Ergebnisse. Lessons Learned bringen nur etwas, wenn sie später auffindbar sind und darauf basierend die richtigen Massnahmen getroffen werden. Idealerweise dokumentieren Sie die Ergebnisse der RCA daher in Ihrem Projektmanagementsystem und legen darin gleich die notwendigen Massnahmen an.
  • Leiten Sie aus der RCA Korrekturmassnahmen ab und achten sie darauf, diese auch umzusetzen. Das klingt banal, wird aber im Alltag oft vergessen. Eine Analyse ohne Massnahmen ist allerdings vergeudete Zeit.
  • Nutzen Sie die Ursachenanalysen auch bei Erfolgen, nicht nur bei Problemen. Solche Analysen können dazu beitragen, zukünftige Projekte erfolgreich umzusetzen.

Typische Fehler bei der RCA

  • Zu früh aufhören: Die erste Ursache ist selten die Wurzel, daher ist es sinnvoll, weiter zu fragen oder eine zusätzliche Methode anzuwenden, um den tatsächlichen Ursachen auf den Grund zu gehen.
  • Keine Priorisierung: Nicht jede Ursache ist gleich kritisch. Analysieren Sie Risiko und Auswirkung der verschiedenen Ursachen.
  • Keine Nachhaltigkeit: Dokumentation, Lessons Learned Sessions und Wissensmanagement gehören dazu.

Fazit

Die Root Cause Analysis ist eine methodische Herangehensweise, um Probleme an der Wurzel zu packen, statt nur Symptome zu kurieren. Projektleitende, die die RCA konsequent anwenden, verhindern wiederkehrende Probleme, verbessern ihre Prozesse nachhaltig und stärken ihr Team im gemeinsamen Lernen.

Mit der Projektmanagementsoftware myPARM ProjectManagement dokumentieren Sie Ihre RCA-Ergebnisse strukturiert direkt im System. Aufgaben, Ursachenanalysen, Korrekturmassnahmen und Verantwortlichkeiten können miteinander verknüpft werden und sind so jederzeit abrufbar. So können Ihre Lessons Learned wirklich gelebt werden, anstatt in Ordnern zu verstauben.

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